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WWE-Gründe erwachen aus dem Dornröschenschlaf

Nach der erfolgreichen Teilnahme St. Pöltens am Europan Wettbewerb wird derzeit unter dem Motto „a vision of housing for a sleeping beauty” an einem Bebauungskonzept für die WWE Gründe südlich des Viehofner Sees gearbeitet. Als Voraussetzung für die Umsetzung dieses Bauprojektes muss eine archäologische Erkundung des Untergrundes erfolgen. Auf dem Areal befand sich im zweiten Weltkrieg vermutlich das größte Zwangsarbeiterlager auf dem Stadtgebiet St. Pöltens, dessen Geschichte nun für die Nachwelt dokumentiert wird.
Foto: Corina Muzatko
Auf den WWE-Gründen befand sich sich im zweiten Weltkrieg das größte Zwangsarbeiterlager im Stadtgebiet St. Pöltens. Schon zu beginn der archäologischen Untersuchungen wurden zahlreiche Überreste entdeckt.

Seestadt wird wachgeküsst

„Das Bebauungskonzept der WWE Gründe stellt eines der größten Wohnbauprojekte in St. Pölten dar. Hier werden zwischen 500 und 800 Wohnungen im Einklang mit der Natur entstehen. St. Pölten bekommt hiermit eine eigene Seestadt in optimaler Lage. In unmittelbarer Nähe finden sich Naherholungs-, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten und zahlreiche Bildungseinrichtungen. Viele Institutionen und Gesundheitseinrichtungen sind sogar fußläufig erreichbar. Bereits jetzt ist das Gelände verkehrstechnisch gut angebunden. Wohnstandorte mit dieser Qualität muss man österreichweit mit der Lupe suchen, wir in St. Pölten haben noch einige davon. Die archäologischen Arbeiten wecken bei mir als Historiker auch persönliches Interesse. Ich bin schon gespannt welche Relikte aus der Vergangenheit auf dem Areal zu finden sind und welche neuen Erkenntnisse sich aus den archäologischen Grabungen ergeben. Man kann sagen: Mit dem Start der archäologischen Grabungen wird das Bebauungsprojekt auf den WWE-Gründen wachgeküsst“, freut sich Bürgermeister Mag. Matthias Stadler.

Aufarbeitung der NS Vergangenheit

Die archäologische Erkundung des Untergrundes wird von der Firma ARDIG aus St. Pölten unter der Leitung des Stadtarchäologen Mag. Dr. Ronald Risy durchgeführt. Die Arbeiten sind durch den Grundeigentümer, der WWE Wohn- und Wirtschaftspark Entwicklungsgesellschaft m.b.H, beauftragt und erfolgen im Auftrag des Bundesdenkmalamtes und in enger Zusammenarbeit mit der Stadt St. Pölten.

Stadtarchäologe Mag. Dr. Risy vom Fachbereich Kultur und Bildung im Magistrat erläutert: „Das größte Zwangsarbeiterlager der NS-Zeit auf dem Gebiet von St. Pölten war jenes in der Viehofener Au. Die Betonpfeiler der ehemaligen Stacheldrahtumzäunung und die Fundamentplatte einer Baracke sind im dichten Bewuchs des Auwaldes immer sichtbar gewesen. Interniert waren Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, vornehmlich aus der Ukraine, aber auch anderer Herkunft, die in der Glanzstoff-Fabrik Zwangsarbeit verrichten mussten. Ziel der archäologischen Arbeiten ist es nun, die gesamte ehemalige Innenverbauung des Lagers freizulegen und zu dokumentieren. Auf Basis der daraus resultierenden Ergebnisse werden die weiteren möglicherweise noch notwendigen Maßnahmen wie die Anlegung von Schnitten abgestimmt. Es ist uns wichtig, die letzten noch verbliebenen stummen Zeugen dieser nicht sehr ruhmreichen Vergangenheit zu dokumentieren und wieder ins Bewusstsein zu bringen“

„Bereits im Zuge der ersten archäologischen Arbeiten, der Säuberung der unmittelbar um die sechs, durch Luftbilder aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs bekannten, Baracken, wurden zahlreiche Bau- und Konstruktionselemente der Gebäude entdeckt. Diese geben gemeinsam mit anderen in diesem Bereich gefundenen Gegenständen des täglichen Gebrauchs wie Koch- und Essgeschirr von den Wohn- und Lebensbedingungen der Lagerbewohner Zeugnis“, berichtet der örtliche Grabungsleiter Mag. Dr. Volker Lindinger von der Firma ARDIG.

Aus schlafender Au wird belebtes Wohngebiet

Die WWE ist Eigentümerin von drei insgesamt rund acht Hektar großen Grundstücken im Norden von St. Pölten, die sich in unmittelbarer Nähe zum EKZ-Traisenpark, den Viehofner Seen und zum Stadtzentrum St. Pölten befinden. Nach der erfolgreichen Teilnahme am Europan Wettbewerb, einer europaweiten Wettbewerbsreihe für junge Architekten, unter dem Motto „a Vision of Housing for a Sleeping Beauty”, wird seit Herbst mit dem Architekturbüro BLOK ZT KG ein Bebauungskonzept erarbeitet. Auf diesem in Vergessenheit geratenen Standort mit der verwilderten Landschaft am Wasser und der exzellenten lokalen und regionalen Vernetzung soll ein lebenswertes, eigenständiges Wohnquartier entstehen. Das Thema Wohnen wird grundsätzlich in einen breiten gesellschaftlichen Kontext gestellt, permanente und temporäre Wohnformen sowie ergänzende Nutzungen miteinander eng verwoben, um eine heterogene Vielfalt im städtischen Raum zu schaffen. Der weitläufige umgebende Grünraum entlang der Traisen wird erhalten. Insgesamt entstehen zwischen 500 und 800 neue Wohnungen - von Familienwohnungen bis kompakten Startwohnungen - mit großzügigen Freiflächen in unterschiedlichsten Gebäudetypen. Ein möglicher Baustart ist für 2019 zu erwarten.

„Von Anfang an war die Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit der WWE Gründe ein wesentlicher Teil des Projektes und wurde bereits in der EUROPAN Ausschreibung thematisiert. Als Neubeginn für das gesamte Gelände ist unsere Zielsetzung die Entwicklung und Realisierung einer Bandbreite von urbanen, lebenswerten Wohnformen mit qualitätssteigernden Nutzungen im Einklang mit der natürlichen Umgebung. Umso wichtiger ist es, offene Fragen aus der Vergangenheit zu klären“, sagt DI Robert Hahn, Geschäftsführer der WWE Wohn- und Wirtschaftspark Entwicklungsgesellschaft m.b.H.

Auf den WWE-Liegenschaften zwischen Traisen und Austraße, südlich der Viehofner Seen soll in naher Zukunft ein lebenswertes, eigenständiges Wohnquartier entstehen. Es handelt sich hierbei um jenes Areal, das in der NS-Zeit auf Teilflächen als Zwangsarbeiterlager genutzt wurde. Im Vorfeld der geplanten Verbauung des Gebietes wurde das ehemalige Lagerareal als eines der letzten Zeugnisse dieser Zeit vom Bewuchs befreit. Die Freilegungsarbeiten der baulichen Reste haben ebenfalls bereits begonnen. Bevor nun tatsächlich die Bebauung des Areals beginnt, finden jedoch in den nächsten Wochen archäologische Untersuchungen im ehemaligen, vermutlich größten, Zwangsarbeiterlager St. Pöltens statt.

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