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St. Pölten trauert um Jörg Demus

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Nur wenige Stunden vor dem Ableben des „Ballettmeisters der zehn Finger“, wie „Die Presse" den Ausnahmepianisten Jörg Demus nannte, ging Notre Dame in Flammen auf.

Foto: Josef Vorlaufer
Der gebürtige St. Pöltner Außnahmepianist Jörg Demus verstarb am 16. April 2019.

Der Vater Kunsthistoriker, die Mutter Konzertviolinistin: Diese Lebensvorlage setzte Demus eins zu eins um – als Musiker und als Kunstsammler. Bereits mit sechs Jahren eroberte er das Klavier, mit elf die Wiener Musikakademie, wo er Orgel, Klavier, Komposition und Orchesterleitung studierte, mit 15 debütierte er im Wiener Musikverein, ab 1950 begann er in London seine internationale Karriere und studierte nachfolgend in Paris (Yves Nat) und Saarbrücken (Walter Gieseking). Auch der Schweizer Pianist Edwin Fischer zählt zu seinen Lehrern.

Jörg Demus’ Karriere zeichnet sich durch alle Attribute einer erfolgreichen Pianistenkarriere aus – Konzerte und Liedbegleitungen, internationale Tourneen, hochschulische Lehraufträge (Wien, Stuttgart), musiktheoretische Publikationen, Eigenkompositionen. Mit seinen Interpretationen der Werke von Mozart, Beethoven Haydn, Bach und Schubert bei internationalen Festspielen und mit seinen Gesamteinspielungen der Klaviersonaten von Robert Schumann und Claude Debussy erarbeitete er sich ein ergebenes Stammpublikum.

Der Hammerflügel als historischer Vorläufer des modernen Klaviers hatte es ihm besonders angetan: Er förderte einerseits sein Wiederaufleben und verlieh durch seine Verwendung (trotz aller technischen Unzulänglichkeiten alter Originalinstrumente) vielen seiner Tonaufnahmen ein hohes Maß an Authentizität, und er sammelte lange Zeit historische Tasteninstrumente, ehe er vor 15 Jahren einen Teil veräußerte.

Demus’ reiche Diskographie ist voll von raffiniert-spielerischen Pointen, die höchste Virtuosität voraussetzen, ihn aber nicht zum Hauptdarsteller werden lassen. St. Pölten verabschiedet sich von einer Legende, für die nun der Himmel voller Flügel hängt.

Beide Ereignisse rufen uns die Vergänglichkeit alles Irdischen ins Gedächtnis und haben die Betroffenen zu Tränen gerührt. Doch Kathedralen kann man wieder aufbauen, und Jörg Demus lebt in Erinnerungen und zahllosen Schallplatten- und CD-Einspielungen weiter – kein Wunder nach sieben schöpferischen Jahrzehnten. Er ist 1928 in St. Pölten geboren und wurde als einer der „großen Söhne“ seiner Heimatstadt 1970 mit dem Jakob-Prandtauer-Preis für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet, der sich einreiht zwischen dem Österreichischen Ehrenkreuz I. Klasse, dem Beethovenring, der Mozartmedaille, dem Schumannpreis oder etwa dem Orden der französischen Ehrenlegion.

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